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Gedanken zur Erziehung

Gedanken zur Erziehung

So wie wir Erziehung und Beziehung erfahren haben, so geben wir es weiter

 

Vieles was mir in der Erziehung und Behandlung von Hunden so bitter aufstößt, spiegelt sich auch in der Erziehung von Kindern wider.

 

Ich werde nach und nach Parallelen ziehen, die mir besonders auffallen.

 

Beispiel 1:

Immer wieder höre ich: „schau mich an wenn ich mit dir rede“. Ich erstarre innerlich wenn ich das höre. Wie kann ich jemanden anschauen, von dem ich gerade eine Standpauke zu erwarten habe?

 

Was machen wir mit unserem Hund: viele Trainingsansätze verlangen permanente Aufmerksamkeit unserer Hunde. Sie müssen uns dauern anschauen, damit wir sicher sind, dass unser Hund uns auch sieht und für Kommandos empfangsbereit ist. Wir alle sollten bereits wissen, dass ein Hund viel umfangreicher wahrnehmen kann. So orten Hunde uns auch mit der Nase oder den Ohren oder an unseren Emotionen. Ein Blick in einem Sekundenbruchteil reicht für ihn aus, um zu wissen wo wir sind oder wohin wir gehen. Hunde die ihren Blick auf uns geheftet haben, zeigen oft unsicheres Verhalten, wenn es darum geht eigenständig Neues zu erforschen. Sie schauen ständig zu ihrem Besitzer und warten darauf, dass man ihnen sagt was zu tun ist.

 

Beispiel 2:

Gut erzogene Kinder sind jene die nicht zurück reden, immer höflich grüßen, still dabei sitzen wenn Erwachsene sich unterhalten, etc. Gut erzogene Hunde sind jene, die super brav an der Leine gehen, nicht raufspringen, sich ruhig verhalten wenn Besuch kommt oder auch wenn man selber nach Hause kommt.

 

Liebe Kinder fangen keinen Streit an, helfen im Haushalt und halten ihr Zimmer in Ordnung. Quengeln nicht und sind immer freundlich. Liebe Hunde sind mit allen Artgenossen freundlich, spielen mit anderen Hunden, jagen keine Hasen, lieben Kinder und lassen sich alles gefallen.

 

Beispiel 3:

Ignorieren ist auch ein Teil in der Erziehung bei Kindern. Als Strafmassnahme werden sie ignoriert. Eltern lassen ihre Kinder schmoren, bis sie einsehen, dass sie einen Fehler gemacht haben. Auch in der Hunderziehung ignorieren wir unsere Hunde, wenn sie ein Verhalten zeigen, das nicht unseren Vorstellungen und Ansprüchen an sie entspricht. Doch übertreiben wir es nicht ein klein wenig? Kurzes ignorieren, hat sehr oft einen guten Effekt. Doch teilweise werden Hunde über längeren Zeitraum ignoriert. Manche Hundetrainer empfehlen sogar wochenlanges ignorieren. Hier wird weit über das Ziel hinausgeschossen.

 

Beispiel 4:

Fernsehverbot, Schoki-Verbot und ähnliches wirkt bei unseren Hunden nicht. Aber wir sind erfinderisch und verweigern ihnen Streicheleinheiten, Lob und Ansprache.

 

Beispiel 5:

Ins Zimmer gehen: wenn Eltern nicht mehr weiter wissen so schicken sie ihre Kinder in ihr Zimmer um darüber nachzudenken was sie falsch gemacht haben. Unsere Hunde schicken wir dann auf ihren Platz – ob der auch darüber nachdenkt was er nun falsch gemacht hat? Ich bezweifle es. Hunde nehmen es eben hin, dass wir so sind wie wir sind und liegen dann eben auf ihrem Platz. Fragend blicken sie in die Runde und warten darauf wieder mit dabei sein zu dürfen.

 

Beispiel 6:

Physische und psychische Gewalt gegen Kinder ist auch noch so eine Sache. Verglichen mit den anderen Punkten ist dies hier die schrecklichste Form der Erziehung. Auch die gewaltvolle Erziehung macht bei Hunden nicht halt. Subtil oft, aber wenn man genau hinschaut, offen zur Schau getragen. Leinenimpuls (schlicht weg der alte Leinenruck, nur in neuer Verkleidung), zackige Kommandos laut vorgetragen (unsere Hunde sind nicht taub), dünne Leinen die kunstvoll angebracht, die dem Hund die Luft zum Atmen nehmen (wer keine Luft zum Atmen hat, bekommt Todesangst und wird ohnmächtig), vorsichtig angebrachte Seitenhiebe (wer das mit mir macht, kriegt voll eine drauf).

 

Aber was sind die Hintergründe dafür, so gewaltbereit zu sein? Das ist die Frage die ich mir immer stelle. Unsere eigenen verletzten Kinderseelen lassen uns sehr kreativ unsere Kraft für die falsche Sache nützen. Es ist der einfachere Weg. Diese Gewaltbereitschaft ist das was wir selber gut kennen. Das kurze Überschwemmen der Wut in uns, wenn Dinge nicht so funktionieren wie wir uns das vorgestellt haben. Jemand uns scheinbar persönlich angreift. Das macht uns betroffen, verletzlich, hilflos.

 

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, die meisten Menschen meinen gar nicht uns. Sie meinen sich selber, können es aber nicht erkennen. Stülpen uns ihre eigene Bedürfnisse und Gefühle über und wir nehmen es auf.

 

Hunde sind da ganz anders. Es gibt klare Regeln wie hund sich im Rudel verhält. Und wenn nicht, ein ganz kurzer Augenblick reicht meist aus um alle wieder auf Linie zu bringen.

 

Es gibt sicherlich viele Parallelen die wir hier ziehen können. Und niemand ist davor gefeit in solch eine Falle zu tappen. So wie wir erzogen wurden, so erziehen wir all jene die uns anvertraut und mit uns leben. Aber genau hinzuschauen und einen Versuch starten es anders zu machen, sich Hilfe zu holen von Außen, sich damit auseinandersetzen, dass hat uns keiner verboten.

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